Bern

Drogendealer festgenommen: Kokain bleibt in der Schweiz zugänglich und billig

Trotz Ermittlungserfolgen

Kokain bleibt in der Schweiz zugänglich und billig

06.11.2024, 06:31 Uhr
· Online seit 05.11.2024, 05:30 Uhr
Der Konsum von Kokain ist in der Schweiz angestiegen. Der Zugang zur Droge ist einfach und die Preise bleiben günstig. Daran ändern auch Ermittlungserfolge der Polizei in der Schweiz nichts.
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In diversen Kantonen gelangen der Polizei zuletzt Erfolge gegen den organisierten Drogenhandel. Unter anderem in Trimbach in Solothurn nahmen die Berner und Solothurner Kantonspolizei drei Männer fest und stellten kiloweise Kokain sicher. Immer wieder gelingen den Behörden solche Erfolge. Jährlich werden in Europa rund 200 Tonnen Kokain beschlagnahmt.

Wer nun denkt, dass Ermittlungserfolge in der Schweiz den Kokainmarkt bezüglich Verfügbarkeit und Preisen gross beeinflussen, liegt falsch.

Ermittlungserfolge beeinflussen Kokain-Markt kaum

«Bisher haben wir in der Schweiz noch nie Preisschwankungen nach Ermittlungserfolgen festgestellt», sagt Frank Zobel. Er ist Vize-Direktor der Stiftung «Sucht Schweiz», die sich in der Suchtforschung engagiert und im Kanton Waadt vor einigen Jahren eine Studie zum Kokain-Markt erstellt hat. Laut Zobel gelangt so viel Kokain von Südamerika nach Europa, dass einzelne Drogenfunde der Polizei den Markt nicht beeinflussen. Grundsätzlich seien die Preise für Kokain auf dem Schwarzmarkt auf einem sehr tiefen Niveau. Ausserdem sei die Reinheit der Droge gestiegen. Das sei ein weiteres Indiz dafür, dass das Angebot an Kokain die Nachfrage gar übersteige.

Die Kantonspolizei Bern bestätigt Zobels Aussage. Sie schreibt auf Anfrage der Today-Redaktion: «Die globale Verfügbarkeit von Kokain ist derart hoch, dass selbst schweizweite Ermittlungserfolge im Mehr-Kilogramm-Bereich den Markt nicht beeinflussen.»

Wie laufen Ermittlungen?

Obwohl Beschlagnahmungen und Festnahmen keinen direkten Einfluss auf Verfügbarkeit und Preise haben, betont Experte Zobel, dass es wichtig sei, dass die Behörden den Kokain-Markt stören. «Sonst hätten die Drogenringe noch viel leichteres Spiel», so der Vize-Direktor von «Sucht Schweiz». Die Akteure müssten nach Ermittlungserfolgen vorsichtiger agieren, ohne die Arbeit der Polizei gäbe es wahrscheinlich noch mehr Kokain auf dem europäischen Markt.

Die Ermittlungen rund um den Drogenhandel sind laut der Kantonspolizei Bern aufwendig. Sie schreibt: «Die heutigen grossen Ermittlungsverfahren sind mittlerweile sehr komplex und beanspruchen erhebliche Ressourcen.» Während die nationale Zusammenarbeit relativ gut funktioniert, gestalten sich internationale Prozesse schwieriger. Unterschiede in Gesetzgebungen, bürokratische Hürden und mangelnde Systeme für den länderübergreifenden Informationsaustausch können die Effektivität gemeinsamer Massnahmen beeinträchtigen.

Wer verkauft Kokain?

Laut Experte Frank Zobel sind allerlei Gruppierungen und Menschen in den Kokainhandel integriert: «Man redet oft über die Westafrikaner oder die Albaner, weil sie im oder um den Strassenhandel aktiv sind. Im Markt gibt es aber auch Lateinamerikaner und Westeuropäer, darunter Schweizer.»

Die Kantonspolizei Bern schreibt auf Anfrage ebenso, dass die Akteure im Drogenhandel vielfältig sind und häufig in hochorganisierten Netzwerken über die Landesgrenzen hinweg operieren würden. In den letzten 15 Jahren sei etwa im Kanton Bern eine auffällige Veränderung der Marktstruktur zu beobachten, geprägt von einer dominanten Gruppe von Händlern, die den Markt weitgehend übernommen hat. Dies spiegelt sich insbesondere in der hohen Qualität und Reinheit des angebotenen Kokains wider, das konstant zu stabilen Preisen verkauft wird.

Wer konsumiert Kokain?

Der süchtige Obdachlose, der im Stadtpark Crack raucht, oder der erfolgreiche Manager, der vor dem zwölften Meeting zur Leistungssteigerung eine Linie Koks schnupft. Es sind die Klischees, die in vielen Köpfen verankert sind. Laut Frank Zobel greifen diese klassischen Bilder zu kurz, Kokain hat seinen Weg in verschiedene Gesellschaftsschichten gefunden.

Die grösste Gruppe an Leuten, die Kokain einnehmen, seien Freizeit-Konsumierende, die die Droge etwa an Partys schnupfen. Es sei ein Irrglaube, dass alle Leute, die Drogen konsumieren, eine Sucht entwickeln, erklärt Zobel. Allerdings würden Freizeit-Konsumierende nur einen Bruchteil des verfügbaren Kokains einnehmen.

Geschätzte drei Viertel des Kokains oder Cracks werden von Personen mit einem Suchtproblem gekauft. Entweder solche, die nicht mehr einen strukturierten Alltag haben und von der Gesellschaft als oft als randständig bezeichnet werden. Oder dann von Personen, die nach wie vor arbeiten, einen strukturierten Alltag haben, wo aber Kokain bereits eine wichtige Rolle eingenommen hat. Dabei denkt Zobel aber nicht etwa nur an Manager, sondern auch an Bauarbeiter oder Personal im Gastronomiebereich, welche Koks unter anderem zur Leistungssteigerung konsumieren.

200'000 Schweizerinnen und Schweizer konsumieren Kokain

Klar ist, dass der Konsum von Kokain per Nase oder als Crack in gerauchter Form in der Schweiz steigt. Hinter Cannabis ist Kokain in der Schweiz die Droge Nummer zwei, so Franz Zobel. Wie viele Leute es tatsächlich konsumieren, kann der Vize-Direktor von «Sucht Schweiz» nur annehmen: «Meine persönliche Schätzung ist, dass etwa 200'000 Personen in der Schweiz Kokain konsumieren, darunter etwa ein Viertel, die sehr viel konsumieren, aber diese Zahl ist wirklich nicht sehr wissenschaftlich. Vielleicht sind es mehr.»

veröffentlicht: 5. November 2024 05:30
aktualisiert: 6. November 2024 06:31
Quelle: BärnToday

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