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Fussball, Volley & Co.: Berner Sportclubs führen lange Wartelisten

Fussball, Volley & Co.

Berner Sportclubs führen lange Wartelisten

· Online seit 15.01.2024, 07:11 Uhr
Wer Mitglied eines Sportvereins werden will, muss sich in der Region Bern je nach Sportart gedulden. Viele Vereine führen Wartelisten – insbesondere beim Nachwuchs.
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Der FC Ostermundigen schreibt auf seiner Website von Wartezeiten für gewisse Juniorenstufen – aktuell würden sich auf dieser 70 Kinder befinden, teilt der Verein auf Anfrage mit. Der Volleyballclub in Münchenbuchsee weist auf seiner Website darauf hin, dass Juniorinnen mit Jahrgang 2012 aktuell nur mit guten Volleyballkenntnissen aufgenommen werden, und auf der Website des Unihockeyvereins UHC Lions in Konolfingen ist ein Bild zu sehen mit einem Haus, das aus allen Nähten platzt – in einer Sprechblase steht das Wort «Ausgebucht!» geschrieben.

Trainermangel und Infrastruktur

Solche Wartelisten existieren bei Sportclubs im ganzen Kanton Bern. So kann auch der FC Interlaken aktuell nicht jedes fussballbegeisterte Kind im Verein aufnehmen, wie er auf seiner Website schreibt. Er hat eine obligatorische Fussballschule für Kinder eingeführt – nur durch das Absolvieren dieser können Kinder Teil des Vereins werden.

Kurt Bieri vom Fussballverband Bern/Jura bestätigt auf Anfrage: «Tatsächlich ist es so, dass einige Fussballvereine Wartelisten für Junioren führen.» Dies sei auf infrastrukturelle wie Trainingsplätze und strukturelle Gründe wie Trainermangel zurückzuführen. Betroffen seien eher städtische Fussballclubs.

Kapazitäten ausgeschöpft

So auch der FC Breitenrain: Auf seiner Website schreibt er, dass er gegenwärtig bei allen Juniorinnen- und Junioren-Stufen lange Wartelisten führt. Eine solche gibt es bereits seit zweieinhalb Jahren. Im letzten Halbjahr habe sich die Situation aber zugespitzt – so sei es aktuell nicht mehr möglich, in zwei bis drei Monaten einen Platz zu erhalten, sagt Pablo Gattiker vom FC Breitenrain.

Der Verein habe alles getan, um seine Kapazitäten bestmöglich auszunutzen – so sei die Nachwuchsabteilung in den letzten zwei Saisons von 400 Junioren auf 700 Juniorinnen und Junioren angewachsen. Trainiert werden diese auf insgesamt vier Sportplätzen. Auf der Warteliste befinden sich beim FC Breitenrain aktuell 60 Kinder – darunter 25 Mädchen.

Der Verein ist bemüht, den Kindern schnell eine Zwischenlösung anzubieten. So könnten diese beispielsweise einmal pro Woche in einem Team trainieren, das aber an keinen Matches mitspielt, erklärt Pablo Gattiker.

Der FC Breitenrain sei zudem mit anderen Teams im Austausch. «Es gibt Vereine, die keine Warteliste führen, oder die gerne mehr Teams melden möchten. Dort versuchen wir, eine Zusammenarbeit zu starten.»

Potenzial entscheidet

Ein Augenschein weg vom Rasenplatz hin zum Volleyballfeld zeigt dieselbe Problematik. Obwohl sich beim VBC Burgdorf viele Volleyballbegeisterte melden, führt der Club eine Warteliste für Neumitglieder.

Der Stadtverein VBC Uni Bern führt für den weiblichen Nachwuchs nicht mal mehr eine Warteliste und verweist gar auf andere Vereine im Verband. Bei einem künftigen Junioren mit einem der Jahrgänge 2007 bis 2010 entscheidet das Potenzial, ob er Teil eines Nachwuchsteams wird. Buben mit den Jahrgängen 2011 bis 2013 können sich hingegen ohne Einschränkungen anmelden beim VBC Uni Bern.

Boom durch Netflix-Serie

Der Volleyballsport habe in den letzten Jahren bei Jugendlichen einen Boom erlebt, sagt Silvan Zindel vom nationalen Verband «Swiss Volley». Zurückzuführen sei dies unter anderem auf die beliebte japanische Manga-Netflix-Serie «Haikyu!». Ihretwegen hätten sich die Lizenzzahlen beim männlichen Nachwuchs innerhalb von zwei Jahren verdoppelt. «Der leichte Rückgang der Anzahl Aktivmitglieder während der Corona-Pandemie konnte so kompensiert werden», sagt Zindel.

Inzwischen sei auch diese Zahl wieder gestiegen – es verfügen mehr Erwachsene über eine Lizenz als noch vor der Pandemie. Gesamthaft haben in der Region Bern-Solothurn in der Saison 2022/2023 über 4300 Volleyballspielerinnen und Volleyballspieler eine Lizenz gelöst.

Freiwilliges Engagement fehlt

Vom gelb-blauen Lederball zum 26-löchrigen Kunststoffball, der beim Unihockey jeweils durch die Turnhallen fliegt: Auch bei dieser Sportart möchten mehr Personen mitspielen, als die Vereine aufnehmen können.

Der UHC Lions Konolfingen führt bereits seit drei bis vier Jahren eine Warteliste. Diese betrifft primär Junioren – je älter die interessierten Personen sind, desto weniger lange müssen sie warten. Bei den Aktivmitgliedern komme es dementsprechend fast nie zu Wartezeiten, sagt Walter Hostettler des UHC Lions Konolfingen. Er ist auch Mitglied im Vorstand des kantonalbernischen Unihockeyverbands.

Dass der Verein eine Warteliste führt, sei auf verschiedene Faktoren zurückzuführen – unter anderem auf die zu kleine Anzahl attraktiver Hallenzeiten, auf fehlende finanzielle Ressourcen und auf den Mangel an Trainerinnen und Trainer.

Der Verein versuche deshalb, vermehrt die Eltern der Kinder einzubeziehen. «Im besten Fall kann man sogar jemanden dazu bewegen, einen Kurs zu besuchen.» Zudem sei der Club bemüht, optimalere Hallenzeiten zu finden. Nach diesen halte der Verein auch in Nachbargemeinden Ausschau. Das nehme aber zusätzliche Zeit in Anspruch und habe höhere Kosten zur Folge. Schliesslich erwähnt Hostettler auch das fehlende Engagement: «Alle wollen konsumieren und niemand will sich mehr engagieren.» In dieser Hinsicht gehe es wohl allen Vereinen gleich.

Tennis als Lösung

Wer nicht warten will und sogleich ein Anmeldeformular für einen Sportverein in der Region Bern unterzeichnen möchte, sollte es bei einem Tennisclub versuchen. Hier gibt es keine Wartelisten, sagt Peter Heller. Er ist Präsident des Regionalverbands Bern. Der Andrang der 70er- und 80er-Jahre sei abgeflaut.

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veröffentlicht: 15. Januar 2024 07:11
aktualisiert: 15. Januar 2024 07:11
Quelle: BärnToday

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