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Wissenswertes zum Eidgenössischen Hornusserfest in Höchstetten

Das «kleine» Eidgenössische

Wissenswertes und Kurioses zum Eidgenösssichen Hornusserfest in Höchstetten

· Online seit 17.08.2024, 11:36 Uhr
Über das Eidgenössische Schwingfest wird jedes Jahr riesengross berichtet. Über das Eidgenössische Hornusserfest, das Ende August in Höchstetten an der Grenze der Kantone Bern und Solothurn stattfindet, wissen die Leute sehr wenig. Dasselbe gilt für den Sport Hornussen an sich. 10 Fragen und Antworten zum Eidgenössischen und zum Hornussen.
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1. Warum ist Höchstetten das «Epizentrum» des Hornussens in der Schweiz?

Höchstetten ist klein, sehr klein sogar. Die Gemeinde im unteren Emmental, an der Solothurner Kantonsgrenze, zählte Ende 2022 nur gerade 268 Einwohnerinnen und Einwohner. Dennoch ist die lokale Hornussergesellschaft seit Jahren das Mass aller Dinge. Ähnlich wie YB den Schweizer Fussball dominiert die HG Höchstetten das Hornussen, mit 6 Titeln in den letzten 7 Jahren.

Die abgelaufene Saison beendeten die Höchstetter mit dem Punktemaximum: 52 Punkte aus 13 Partien. Fast zehn Jahre ist es her, dass ein Gegner in einem Duell mehr Schlagpunkte erreichte als die Höchstetter.

Erfolg ziehe Erfolg an, sagt Michael Kummer, früherer selber Spitzenhornusser und nun OK-Präsident des Eidgenössischen. Nur mit eigenen Leuten wäre eine solche Konstanz nicht möglich. Es fliesse aber bei «Transfers» von guten Spielern kein Geld. Viele Topspieler wechselten nach einiger Zeit, wenn sie keinen «Spitzensport» mehr machen wollen, zurück zu ihren Stammvereinen.

Wie funktioniert Hornussen? In diesem Video werden dir die Regeln erklärt: 

Quelle: BärnToday / Miriam Weber / Warner Nattiel

2. Kann die HG Höchstetten also am Heimfest fast nur «verlieren»?

Siege in der 1. Stärkeklasse an einem Eidgenössischen sind die grössten Siege, weil nur alle drei Jahre ein Eidgenössisches stattfindet – wegen Corona waren es nun sogar 6 Jahre Pause. «Es ist sicher die Ambition der 1. Mannschaft der HG Höchstetten, das Fest zu gewinnen. Sie trainieren seriös, neben den ganzen Aufbauarbeiten fürs Fest», sagt OK-Chef Kummer.

3. Was ist für Laien ein guter Einstieg ins Hornussen und ins Eidgenössische?

Ein Eidgenössisches ist gross, sehr gross sogar. Wer sich nicht gleich an einem der beiden Fest-Wochenenden ins Getümmel werfen will, hat eine gute Möglichkeit am Mittwoch, 21. August. Dann wird das Eröffnungshornussen ausgetragen. Die 36 besten Hornusser, die vier besten Nachwuchs-Hornusser und die zwei besten Frauen messen sich ein erstes Mal.

«Man kann den Wettkampf bequem von der Tribüne verfolgen, das Ganze wird fachkundig kommentiert, man hat erst auf einem der 32 Spielfelder Betrieb» - ein perfekter Einstieg, findet OK-Chef Kummer.

4. Was muss ein Hornusser beherrschen?

Man müsse zwei Dinge können: Weit schlagen und zuverlässig «abtun», sagt Michael Kummer. Manche Spieler hätten zum Beispiel ein besonders gutes Auge und könnten ihren Kameraden melden, wo der Nouss hinfliegt – andere seien laufstark oder generell Meister im Abtun mit ihrer Schindel.

Aber das Wichtigste: Hornussen sei ein Mannschaftssport. Auch ein Senior, der nicht mehr der schnellste ist, oder ein ganz Junger mit wenig Erfahrung könnten mitspielen, als Team könne man Defizite wettmachen.  «Vom Grossvater bis zum Grosskind können alle mitmachen», sagt Michael Kummer.

5. Warum sieht man Nousse häufig so schlecht?

Ein Spitzenspieler jagt den Hornuss oder «Nouss» mit unheimlichem Tempo über 300 Meter weit. Kein Wunder, dass man oft Mühe hat, den Nouss rechtzeitig zu sehen. Die Himmelsfarbe und der Hintergrund (Wald, Berge, freie Sicht) haben einen grossen Einfluss. Wichtig ist, dass man nicht getroffen wird.

Ob es ein besonders gefürchtetes Spielfeld gibt, will Michael Kummer nicht beantworten, dafür ist er zu diplomatisch. Hornussen braucht viel Fläche, insofern sind die Gesellschaften froh, wenn sie Landbesitzer finden, die ihr Land zur Verfügung stellen.

6. Wann darf eine abwehrende Mannschaft einen Nouss ungestraft fallen lassen?

Wenn der Nouss weniger als 100 Meter fliegt, zählt er als Null. Erst ab 100 Metern gibt es den ersten Schlagpunkt, 10 zusätzliche Meter geben jeweils einen weiteren Punkt. Wenn die Nousse seitlich wegfliegen, zum Beispiel bei starkem Wind, zählen sie für die schlagende Mannschaft trotzdem.

Die abwehrende Mannschaft muss den Nouss nicht «abtun», wenn er neben dem Spielfeld hinunterfällt. Auch besonders weite Streiche müssen nicht abgefangen werden, je nach Stärkeklasse liegt die Begrenzung hinten bei 260 bis 300 Metern. Ein «Nummero», also einen Strafpunkt, gibt es nur bei einem Nouss, der innerhalb des Felds zu Boden geht.

7. Jemand aus dem Team setzt beim Abschlag den Nouss auf den Bock und befestigt ihn mit «Lätt» – was muss er beachten?

Der Setzer muss den Schläger gut kennen und wissen, wie er in Form ist. Die Höhe des Nouss bestimmt die Höhe der Flugbahn. Wenn zum Beispiel ein junger Hornusser mit kurzem Stecken und leichtem Träf, braucht es weniger Lätt. Bei einem arrivierten Spieler mit schwerem Träf, liegt der Nouss höher. Auch das technische Können bestimmt darüber, wie der Nouss gesetzt wird.

Dann sind der Setzer und seine Kollegen am Bock auch eine Art Coaches. Manche motivieren den Schläger, andere brauchen eher Beruhigung oder Sicherheit.

8. Ist das Mentale auch im Hornussen mitentscheidend?

Auf jeden Fall, auch einem Top-Hornusser kann ein Schlag misslingen. Die Schnellkraft, die Dynamik zuverlässig hinzubringen, das ist hohe Schule und gelingt nicht so vielen. Aber die Trefferquote gerade in der höchsten Stärkeklasse ist beeindruckend hoch.

Der Druck auf die besten Hornusser ist gross, es «wärchet» mit ihnen, wenn sie zum Beispiel um den Titel des Schlägerkönigs kämpfen. Wer ein hohes Niveau hat, arbeitet auch im mentalen Bereich.

9. Ist Hornussen mittlerweile eine «Materialschlacht»?

Jein, sagt Michael Kummer. Die meisten Spieler treten heute mit Stecken aus Karbon an. Kunststoff oder Metall gebe es nicht mehr häufig. Die Länge ist eine Frage der Philosophie, manche spielen mit Stecken von 2,6 Meter, andere mit fast 3 Meter langen.

Auch das Gewicht des Träfs (vorne am Stecken, mit dem der Nouss getroffen wird) variiert. Und dann gibt es langsame und schnelle Stecken – die langsamen sind recht gerade, andere schleifen den Durchmesser des Steckens ab - das ist ein schneller und biegsamer Stecken. Häufig bürgert sich in einer Mannschaft etwas ein, je nachdem, welches Material der stärkste Schläger der Mannschaft braucht.

10. Ist der Nouss einheitlich wie der Puck im Eishockey?

Der Nouss ist genormt, es gibt drei verschiedene Hersteller. Es gibt regelmässige Tests des Eidgenössischen Hornusservebands. «Wir haben in Höchstetten die Eigenheit, dass wir in der Mannschaft einen eigenen Fabrikanten haben, der zudem noch sehr weit schlägt», sagt Michael Kummer. "Da kommt immer wieder das Gerücht auf, die Höchstetter hätten andere Nousse. Aber man darf sie gerne testen, ich garantiere, dass diese Produkte der Norm entsprechen.

Den Nouss schwerer zu machen, damit er nicht mehr so weit fliegt, sei im Moment kein Thema. «Nur die allerbesten schlagen weiter als 300 Meter, die 95% anderen wären mit einem schwereren Nouss nur gestraft», sagt Michael Kummer. Grundsätzlich mache man sich aber schon Gedanken, wie man den Sport in die Zukunft führen kann, dazu gibt es vom Verband das Projekt "Hornusserweg".

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veröffentlicht: 17. August 2024 11:36
aktualisiert: 17. August 2024 11:36
Quelle: BärnToday

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