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Bei Unwettern: Wie geht die Berner Kanalisation mit Starkregen um?

Unwetter

In Speicher und in die Aare: So geht die Berner Kanalisation mit Starkregen um

· Online seit 17.08.2024, 08:29 Uhr
Diese Woche gab es nicht nur im Berner Oberland, sondern auch in der Stadt Bern starken Regenfall und Sturmböen. Was macht das mit der Stadtberner Kanalisation? Und was passiert, wenn das Kanalnetz am Limit ist? Wir haben nachgefragt.
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Aktuell jagt im Kanton Bern ein Unwetter das nächste. Leserreporter-Bilder zeigen, wie sich beim Sturm von Dienstag auf Mittwoch der Regen in einer Unterführung in Bümpliz staute und Autos durch eine grosse Pfütze fahren mussten. Für das Wochenende ist bereits der nächste kräftige Regen vorhergesagt.

Quelle: CH Media Video Unit / Ramona De Cesaris

Wie kommt die Stadtberner Kanalisation mit den Wassermassen zurecht? Wir haben bei Raphael Flückiger nachgefragt, der den Kanalnetzbetrieb der Stadt Bern seit über zehn Jahren leitet.

BärnToday: In Bümpliz war diese Woche eine Unterführung überschwemmt. War das Kanalnetz der Stadt Bern überlastet?

Raphael Flückiger: Ich würde eher sagen, dass es gut ausgelastet war. Überfordert wäre es, wenn das Wasser aus der Kanalisation an die Oberfläche austreten würde. Bei Einzelfällen, also wenn sich auf dem Stadtgebiet kleine Seen bilden, sind meistens die Einläufe der Entwässerungsanlagen durch Äste, Blätter, Schlamm oder Kies verstopft. Der Fall von der Unterführung in Bümpliz ist mir aber nicht bekannt. Ich habe Kenntnis von einer überschwemmten Unterführung in einer Nachbarsgemeinde, unmittelbar an der Grenze zur Stadt Bern. In der Regel sind Unterführungen aber gefährdeter, da sie vielfach tiefer liegen als das Kanalisationsnetz. Neben Verstopfungen durch Schwemmstoffe kann es auch Pumpenstörungen geben, da dort das Wasser auf eine höhere Ebene gepumpt werden muss.

Wie reagiert die Berner Kanalisation bei so viel Regen?

Die Pegelstände im Kanalnetz steigen und sobald ein gewisses Niveau erreicht ist, werden die Speicheranlagen in Betrieb genommen. Wichtig ist, dass man diese erste Schmutzfracht nach einer längeren Trockenperiode zurückhalten kann. Was die Gewässer am meisten belastet, sind die toxischen Stoffe auf dem Strassenbelag wie Gummiabrieb, Schwermetalle oder Kohlenwasserstoffverbindungen. Diese werden in die Speicheranlagen geschwemmt und nach dem Regen-Ereignis in die Kläranlage geleitet. Fäkalien sind gar nicht das Problem, die sind biologisch abbaubar.

Die Speicheranlagen werden nur in Betrieb genommen, wenn die Kläranlage überfordert ist. Das war am Dienstag beispielsweise der Fall. Wenn die Speicher voll sind, müssen wir entlasten – in die Aare oder in den Wohlensee. Da sprechen wir aber von einem hohen Verdünnungsgrad, hauptsächlich ist es Regenwasser und nur wenig Abwasser.

Schadet intensiver Regenfall der Kanalisation?

Nein, gar nicht. Die Systeme sind eigentlich genau dafür ausgelegt und es gibt keine Schäden an den Anlagen. Die Notventile sind primär dazu da, um Überschwemmungen vermeiden zu können.

Gibt es noch andere Möglichkeiten, wie man mit Regenwasser umgehen kann?

Der Ansatz, das Regenwasser örtlich der Erde zuführen zu können, wäre sicher besser. So käme nur das Wasser in die Kanalisation, das auch gereinigt werden muss. Das Konzept der sogenannten «Schwammstadt» verfolgt diese Bestrebungen in einem ganzheitlichen Ansatz. Daran arbeitet die Stadt Bern bereits. Die Schwierigkeit bei stark überbauten Gebieten ist, dass der Platz fehlt, damit das Regenwasser lokal versickern kann. Das Problem sind nicht leichte Regen-Ereignisse, sondern Regen von hoher Intensität – die Versickerungsleistung des Bodens ist nicht hoch genug. Da muss man Becken erstellen, wo das Wasser gespeichert und über einen längeren Zeitraum dem Boden abgegeben werden kann.

Es geht auch darum, Oberflächen zu entsiegeln. Wo man einen dichten Belag hat, muss auch mehr Wasser abgeführt werden. Es ist ein Spannungsfeld, möglichst durchlässige Oberflächen zu haben, den Verkehrsbelastungen zu genügen, den Eintrag der anfallenden Schadstoffe in den Boden zu verhindern und auf umweltverträgliche Lösungen bei Unfällen, zum Beispiel mit Treibstoffen, vorbereitet zu sein.

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veröffentlicht: 17. August 2024 08:29
aktualisiert: 17. August 2024 08:29
Quelle: BärnToday

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