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Berner Stadtrat will trotz roter Zahlen keine Steuererhöhung

Budget-Debatte

Berner Stadtrat will trotz roter Zahlen keine Steuererhöhung

14.09.2023, 22:40 Uhr
· Online seit 14.09.2023, 21:06 Uhr
Trotz roter Zahlen sieht der Berner Stadtrat im Moment keinen Anlass, die Steuern zu erhöhen. Das machte das Parlament in der Budget-Debatte vom Donnerstag deutlich.
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Mit 59 zu 6 Stimmen lehnte der Rat einen Antrag der Alternativen Linken ab, die eine Anhebung der Steueranlage von 1,54 auf den kantonalen Durchschnitt von 1,7 forderte. So könne sich die Stadt etwas Luft verschaffen. Die Stadt habe kein Einnahme-, sondern ein Ausgabeproblem, hiess es von Seiten der Bürgerlichen. Die grosse Mehrheit des rotgrünen Lagers hielt ebenfalls nichts davon, dem Volk im November mit dem Budget eine Steuererhöhung zu unterbreiten.

Dass die Steueranlage in den nächsten vier Jahren unverändert bleibt, wollte der Rat allerdings nicht in Stein meisseln. Einen entsprechenden Antrag von FDP, Mitte und SVP lehnte er relativ knapp ab. Die grosse Finanzdebatte vom Donnerstag drehte sich um das Budget 2024 mit einem Defizit von 37,2 Millionen Franken und den Aufgaben- und Finanzplan für die kommenden Jahre. Die Detailberatung wird erst nächste Woche beendet; das letzte Wort hat das Volk im November.

SVP, FDP, Mitte und GLP wollten das Budget zurückweisen und die Stadtregierung zu einer finanzpolitischen Kurskorrektur verpflichten. Die Stadt gebe das Geld mit vollen Händen aus, das müsse endlich aufhören, sagte etwa SVP-Fraktionssprecher Alexander Feuz.

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Kein Sparpaket vor den Wahlen

Dass der Gemeinderat ein Sparpaket erst für 2026 erwäge, sei «mut- und verantwortungslos», kritisierte Janina Aeberhard namens der GLP/JGLP-Fraktion. Sparen sollte eine Daueraufgabe sein und sich nicht nach Wahlen richten, ergänzte die Freisinnige Dolores Dana. Die nächsten städtischen Wahlen finden Ende 2024 statt.

Das rot-grüne Lager warf den Bürgerlichen Panikmache vor. Die finanzielle Lage sei nicht so schlecht, sagte etwa Ursina Anderegg (GB/JA). Die Rechnungen schlössen regelmässig besser ab als die Budgets mit ihren zweistelligen Millionendefiziten vermuten liessen.

Das dürfte auch 2023 so sein, sagte Gemeinderat Michael Aebersold (SP). Der Finanzdirektor räumte aber ein, dass die Finanzlage nicht rosig sei. Schülerwachstum, Digitalisierung, Klimamassnahmen und die Beseitigung des Investitionsstaus seien finanziell herausfordernd. Aebersold redete beiden Lagern ins Gewissen: Panik sei genauso fehl am Platz wie Sorglosigkeit.

Investitionen unter die Lupe nehmen

Einstimmig angenommen wurde ein Antrag der Finanzkommission, wonach der Gemeinderat eine «substanzielle Überprüfung» der geplanten Investitionen bis 2031 vornehmen soll. Daran führe kein Weg vorbei, hiess es von links bis rechts.

Die vorgesehenen Investitionen von mehr als 1,4 Milliarden Franken seien ohne grosse Neuverschuldung nicht zu bewältigen, was die kommenden Budgets zusätzlich belasten und den politischen Spielraum einschränken würde.

Sieben Stunden und viele Emotionen

In der fast siebenstündigen Debatte gingen die Emotionen zuweilen hoch. So zog die Freisinnige Dolores Dana den Ärger der SP-Fraktion auf sich, weil sie den abtretenden Finanzdirektor Aebersold als «lame duck» bezeichnet hatte. Aebersold hat bereits angekündigt, dass er Ende 2024 nicht zur Wiederwahl antreten wird.

Der Berner Stadtrat tagte ausnahmsweise in Ostermundigen. Die Stimmberechtigten beider Gemeinden entscheiden im Oktober über eine Fusion.

Budgetdefizit nach Beratung im Berner Stadtrat noch etwas grösser

Das Defizit im Stadtberner Budget 2024 wird leicht höher ausfallen als vom Gemeinderat vorgesehen. Der Stadtrat hat sich am Donnerstag in der Detailberatung an einigen Stellen spendabler gezeigt als die Stadtregierung. Fertig beraten hat er bislang drei der fünf Direktionen. Bei der Bildungsdirektion beschloss er unter anderem, für die kontinuierliche Anhebung des Betreuungsschlüssels und der Löhne in den Tagesschulen zusätzliche 850'000 Franken einzustellen.

Der Stadtrat hatte 2022 mit einer Revision des Schulreglements beschlossen, den Betreuungsschlüssel in den Tagesschulen innerhalb der nächsten vier Jahre auf 1 zu 6 zu senken, damit die Mitarbeitenden entlastet und die Kinder angemessen betreut werden können. Bei der Schulsozialarbeit erhöhte der Stadtrat das Budget um 650'000 Franken. Die Ratsmehrheit wollte damit dem Umstand Rechnung tragen, dass die Fallzahlen stark im Steigen sind.

Reitschule bekommt 60'000 Franken mehr

In den meisten Fällen folgte das Parlament dem Kurs des Gemeinderats. Die meisten Änderungsanträge in den Direktionen von Bildungsdirektorin Franziska Teuscher (GB), Sicherheitsdirektor Reto Nause (Mitte) und Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) wurden abgelehnt. Eine Ausnahme machte der Stadtrat unter anderem für die Reitschule: Er erhöhte den Betriebskredit um 60'000 Franken, um die stark gestiegenen Strom- und Gaspreise teilweise abzufedern.

Die Detailberatung wird am kommenden Donnerstag mit den Direktionen von Tiefbau- und Verkehrsdirektorin Marieke Kruit (SP) und von Finanzdirektor Michael Aebersold (SP) abgeschlossen. Danach wird sich zeigen, wie sehr das Defizit von den 37,2 Millionen Franken abweicht, die der Gemeinderat vorgesehen hatte.

(sda)

veröffentlicht: 14. September 2023 21:06
aktualisiert: 14. September 2023 22:40
Quelle: BärnToday

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