Wer eine schwache Blase hat, kennt die Situation: Man sucht ein öffentliches WC. Idealerweise sollte dieses gratis sein. Aber bitte möglichst sauber – ohne WC-Papier und undefinierbare Flüssigkeiten oder WC-Papier überall, von dem man nicht wissen will, mit welchen Körperteilen es schon in Berührung kam.
Ein solches kostenloses stilles Örtchen in Berns Zentrum hat bis vor kurzem die Welle 7 in Bern geboten. Doch sich dort gratis zu erleichtern, ist seit dem 22. August nicht mehr: Wer sein Geschäft im Einkaufszentrum neben dem Bahnhof verrichten will, zahlt seit einer Woche einen Franken.
Erhöhter Sauberkeitsstandard
Hintergrund für den WC-Eintritt ist die kürzlich erfolgte Sanierung der Toilettenanlage. Sie habe «nicht mehr den Anforderungen an ein modernes Center entsprochen», teilt Neda Golafchan, Mediensprecherin der Migros Aare, auf Anfrage von BärnToday mit. Diese betreibt das Einkaufszentrum. «Deshalb wurde der Sauberkeitsstandard erhöht, um ein angenehmes Ambiente und noch mehr Sicherheit für die Kundschaft zu bieten. Aus diesen Gründen wird die neu überarbeitete Anlage künftig auch kostenpflichtig sein.»
Mit der Nutzungsgebühr von einem Franken sei sie aber vergleichsweise noch immer günstig. Tatsächlich zahlt man beispielsweise auf dem Bahnhofs-WC 50 Rappen mehr.
In anderen Einkaufshäusern – beispielsweise im Loeb – können die WCs hingegen auch weiter gratis benutzt werden. CEO Ronald Christen begründet dieses Angebot wie folgt: «Wir setzen alles daran, dass der Besuch bei uns im Loeb zu einem unvergesslichen Erlebnis wird und bieten entsprechend eine grosse Palette von Dienstleistungen an. Dazu zählt selbstverständlich auch die kostenlose Benützung der Toiletten.»
Loeb: «Unsere Toiletten gehören zu den schönsten von Bern»
Dass viele das traditionelle Berner Warenhaus nur wegen der gratis WCs aufsuchen, ohne wirklich einkaufen zu gehen, stört Christen nicht. «Wir generieren damit auch Kundenfrequenzen und sind überzeugt, dadurch viele Besucherinnen und Besucher für unsere Sortimente und Dienstleistungen zu begeistern.» Die Loeb-Filiale erhalte viele positive Rückmeldungen über ihre Toiletten, erzählt der CEO. Er zeigt sich überzeugt: «Unsere Toiletten gehören zu den schönsten von Bern.»
Auch bei der Welle-7-Kundschaft blieben die neuerdings kostenpflichtigen WCs nicht unbemerkt. «Es ist klar, dass aufgrund der Änderung jetzt keine Freude aufkommt», schreibt die Migros Aare. Wirklich negative Rückmeldungen seien aber bisher ausgeblieben. Einige Kundinnen und Kunden hätten es ohnehin nicht verstanden, wieso die WC-Anlage zuvor kostenfrei war, so die Sprecherin weiter.
Gratis auf die Toilette: Das funktioniert auch auf öffentlichen WCs in der Stadt Bern. Viele von ihnen befinden sich an oft frequentierten Orten wie der Zytglogge, der Münsterpattform oder der Schützenmatte.
Diese kostenlosen Alternativen gibt es in Bern
Zusätzlich zum Angebot der Stadt gibt es eine weitere Möglichkeit, gratis zu «verschwinden»: die «Nette Toilette»-App. Seit 2016 kennt die Stadt Bern das gleichnamige Konzept – zwei Jahre später hat sie es definitiv eingeführt. Die Idee: WCs in Gastrobetrieben, die in der App aufgeführt sind, können kostenlos und ohne Konsumzwang genutzt werden. Erkennbar sind sie an roten Klebern, die an den Eingangstüren der Restaurants und Bars hängen. Diese geben auch Auskunft über die Ausstattung der Toilette.
Der Vorteil: Bars und Restaurants sind auch dann offen, wenn Einkaufszentren oder Warenhäuser schon geschlossen haben. Die teilnehmenden Bars und Restaurants werden mit einem jährlichen Pauschalbetrag von 1000 Franken entschädigt.
Das Konzept scheint zu funktionieren: Zu Verschmutzungen sei es während der Pilotphase kaum gekommen, sagte das Restaurant «The Beef Steakhouse» 2018 nach der Pilotphase. Heute gibt es bereits über 20 «nette Toiletten» im Raum Bern.
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