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Freispruch für Amnesty-Aktivistin nach «Demo» vor russischer Botschaft

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Freispruch für Amnesty-Aktivistin nach «Demo» vor russischer Botschaft

15.08.2024, 17:16 Uhr
· Online seit 15.08.2024, 16:46 Uhr
Die Übergabe einer Petition vor der russischen Botschaft in Bern wurde von der Polizei als Demonstration taxiert – weil sie nicht bewilligt war, gab es für die Organisatorin eine Busse. Das Regionalgericht Bern-Mittelland hat diese nun aufgehoben, mit einer interessanten Begründung.
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Der Krieg Russlands gegen die Ukraine bewegt die Leute auch in der Schweiz. Einen Monat nach dem Überfall am 24. Februar 2022 wollte die Berner Aktivistin Lisa Salza von Amnesty International zusammen mit fünf Mitstreiterinnen eine Petition mit 15'000 Unterschriften an die Vertreter der russischen Botschaft in Bern übergeben. Darin wurde ein Rückzug der russischen Truppen aus dem Nachbarland gefordert.

Doch schon bevor das Grüppchen in die Nähe der Botschaft in der Elfenau kam, wurde es vom Botschaftsschutz abgewiesen. Später wurde vom städtischen Polizeiinspektorat eine Busse von 300 Franken ausgesprochen, die Salza nicht akzeptieren mochte. In der «Berner Zeitung» sprach Salza von einem willkürlichen und unverhältnismässigen Vorgehen. Deshalb landete der Fall vor einem Einzelrichter am Regionalgericht Bern-Mittelland.

Geschlossene Veranstaltung statt Demo

Das Gericht hat Salza am Donnerstagnachmittag von allen Vorwürfen freigesprochen. Das sagt ihr Anwalt Dominic Nellen auf Anfrage von BärnToday. Zwar gebe es im städtischen Kundgebungsreglement eine Bewilligungspflicht, und Salza sei zweifellos die Organisatorin der Petitionsübergabe im März 2022 gewesen.

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Aber dennoch sei ihr Vorgehen nicht strafbar, so das Gericht, denn sie habe keine grosse Organisationsleistung erbracht – also weder Aufrufe auf Social Media gestartet noch Kundgebungsrouten erarbeitet oder ähnliches. Eine «geschlossene Veranstaltung», wie das Übergeben einer Petition mit ein paar Gleichgesinnten, könne nicht bestraft werden. Der Staat hat die Anwaltskosten zu tragen.

«Die Stadt sollte über die Bücher»

Für Dominic Nellen ist das Urteil wegweisend. «Ich bin positiv überrascht über die Argumentation des Gerichts.» Es sei ein Sieg für die Meinungsfreiheit in der Schweiz – und die Stadt Bern müsse über die Bücher, was den Umgang mit solchen «Kleinst-Kundgebungen» angehe. Sie hatte sogar Zweier-Demos zur Anzeige gebracht, zum Beispiel eine Aktion vor der britischen Botschaft für die Freilassung von Wikileaks-Gründer Julian Assange. Auch da war es zu Freisprüchen gekommen.

Das Urteil des Regionalgerichts ist allerdings noch nicht rechtskräftig, es kann ans Obergericht weitergezogen werden.

Amnesty International ist froh

In einer Stellungnahme begrüsst die Schweizer Sektion der Menschenrechtsorganisation Amensty International das Urteil: "Eine Aktivistin zu büssen, weil sie der russischen Vertretung eine Forderung für Frieden in der Ukraine überreichen wollte, ist absurd und völkerrechtswidrig. Das hat das Gericht heute korrigiert», sagte Alicia Giraudel, Juristin bei Amnesty Schweiz.

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veröffentlicht: 15. August 2024 16:46
aktualisiert: 15. August 2024 17:16
Quelle: BärnToday

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