Bern

Handy-Verbot im Restaurant und Hotel an den Simmenfällen an der Lenk im Berner Oberland

«Digital Detox»

Handy verboten: An den Simmenfällen an der Lenk bleibt die Welt stehen

· Online seit 11.08.2024, 08:35 Uhr
Im Hotel und im Restaurant an den Simmenfällen wird den Gästen ziemlich offensiv nahe gelegt, ihr Handy nicht zu benutzen. Diese Regelung am Touristen-Hotspot gilt schon seit ein paar Jahren. Was spricht dafür, was dagegen?
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Der Push, den ich jeden Montagmorgen auf mein Handy bekomme, erschreckt mich jedes Mal aufs Neue: Es ist der Push zur täglichen Bildschirmzeit auf dem Handy. Gut und gerne zwischen drei und fünf Stunden steht da meist. Verbringe ich tatsächlich so viel Zeit pro Tag auf diesem Gerät?! Anscheinend schon...

Ich lebe seit längerem so und bin damit eine von vielen: Das Smartphone ist ständig dabei, sogar beim Gang aufs WC. Das Zaubermittel wäre «Digital Detox». Einfach mal das Handy weglegen und offline gehen. Und genau das ist an den Simmenfällen an der Lenk im Berner Oberland möglich. Respektive wird sogar ziemlich offensiv eingefordert.

«No Phone»-Zone

Im ganzen Hotelbereich ist es den Gästen und dem Personal nicht gestattet, Geräte wie Smartphones, Handys, I-Pads oder Smart-Watches zu benutzen. Sogar Babyphones sind nicht erwünscht. Getreu dem Motto «Abschalten am Simmenfall», wie die Verantwortlichen an verschiedensten Orten im Hotel- und Restaurantbereich fast schon penetrant verlangen. Die Geräte müssen 24/7 entweder im Flugmodus sein oder ganz abgestellt werden. Der Grund: Man will «die kleine Oase zuhinterst im Simmental möglichst strahlungsfrei halten.»

Nur der Flugmodus reicht den Verantwortlichen nicht. Auch Bluetooth und W-Lan müssen bei allen Geräten ausgeschaltet sein, da der Flugmodus «bei den neueren Software-Generationen nicht mehr ausreicht und die Geräte trotzdem weitersenden».

Übertrieben oder sinnvoll? Zumindest die Zeilen betreffend einer Rufumleitung lassen einen doch etwas ratlos zurück: «Sollten sie einen dringenden Anruf erwarten oder Piketteinsätze haben, dann dürfen sie bei ihrem Gerät gerne eine Rufumleitung auf xxx einrichten, welche auch im Flugmodus und bei ausgeschaltetem Gerät funktioniert». Umgeleitet wird auf das Festnetz des Hotels Simmenfälle.

Uneinsichtige Personen werden ermahnt

Menschen, die Piketteinsätze haben oder zum Beispiel für ein Familienmitglied erreichbar sein müssen, sollten wohl auf einen Besuch im Hotel an den Simmenfällen verzichten. Wobei, auf dem Parkplatz draussen – «mit respektvollem Abstand zu anderen Gästen» – ist es erlaubt, den Flugmodus auszuschalten und das Handy zu benutzen. Halten sich die Gäste nicht an die Hausregeln, werden sie ermahnt, steht geschrieben. Wie so eine Ermahnung wohl aussehen mag?

Als ich kürzlich nach einer Wanderung an die «Sibe Brünne» auf der Restaurant-Terrasse des Hotels Simmenfälle sass, fühlte sich das speziell an. Meine Begleitung und ich tranken Rivella und studierten mögliche weitere Wanderrouten, als mein Blick plötzlich an einem der bereits beschriebenen Plakate hängen blieb: «No Phone»-Zone. Ja «seich», dachte ich, und wir verstauten unsere Handys sofort – ein wenig peinlich berührt. Je mehr wir uns umsahen und eben nicht auf das Handy guckten, desto mehr solche Plakate erblickten wir.

Wie zeitgemäss ist so etwas? 

Auf dem Rückweg fragten wir uns, ob solche Regelungen – gerade an Orten mit vielen Touristinnen und Touristen – sinnvoll sind oder nicht. Kann man Gästen in einem Restaurant an einem touristischen Hotspot verbieten, das Handy zu benutzen? Wie zeitgemäss ist eine solche Regelung?

Die Verantwortlichen des Hotels und Restaurants an den Simmenfällen wollen offenbar nicht «laut-telefonierende» und «sich-ständig-ablichtende» Touristinnen, sondern haben mit der Ruhe und dem von Strahlung befreiten Ort eine Geschäftsidee entdeckt. Themen, die die Verbesserung der eigenen Gesundheit betreffen, sprechen viele Menschen an. Und ich meine, an kaum einem touristischen Ort in der Schweiz gilt eine «No Phone»-Zone.

Die Wanderung vorbei an den Simmenfällen, über die Barbarabrücke und zu den «Sibe Brünne» werde ich sicherlich nicht das letzte Mal gemacht haben. Ob ich nochmals im Restaurant einkehren werde? Das Handyverbot wird mir zu penetrant eingefordert. Falls der Durst gross ist nach der Wanderung, kehre ich wohl wieder ein.

Und immerhin hat mich der Besuch an den Simmenfällen wieder einmal daran erinnert, dass es auch ein Leben ohne Handy gibt. Auch wenn mir die Radikalität des Handy-Verbots etwas schräg eingefahren ist.

(rst)

veröffentlicht: 11. August 2024 08:35
aktualisiert: 11. August 2024 08:35
Quelle: BärnToday

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