Schweiz

Deshalb ist die Schlange vor den Frauen-WCs immer so lang – sind Unisex-Toiletten die Lösung?

Debatte

Deshalb ist die Schlange vor den Frauen-WCs immer so lang

17.04.2024, 15:48 Uhr
· Online seit 16.04.2024, 06:50 Uhr
Jede Frau kennt es: Die Schlange vor den WCs ist meist länger als die bei den Männern. Der Grund dafür liegt möglicherweise im Gesetz und der jeweiligen Anzahl an Toiletten. Unisex-WCs könnten dem allerdings Abhilfe schaffen.
Anzeige

Eine Frau nach der anderen reiht sich vor dem Frauen-WC ein. Ein weit bekanntes Bild in einer Bar, im Club oder auch bei einem Festival. Während bei den Männern alles frei ist, sie fröhlich kommen und gehen, müssen Frauen zum einen immer viel Geduld mitbringen und zum anderen rechtzeitig wissen, wann sie aufs Klo müssen. Denn die Schlange vor den Toiletten ist bei den Frauen meist länger.

Pissoirs sind effizienter

Die beiden Forscher Wouter Rogiest und Kurt Van Hautegem der belgischen Universität Gent fanden heraus, dass Frauen bei einem Festival im Schnitt sechs Minuten warten müssen – Männer hingegen elf Sekunden. Ihre Ergebnisse haben sie im Wissenschaftsjournal «EOS Wetenschap» veröffentlicht.

Ihrer Meinung nach liegt es daran, dass es bei den Herren viel weniger staut, weil sie Pissoirs zur Verfügung haben. Denn die sind deutlich platzsparender und weitaus effizienter. Somit haben Männer auf der gleichen Fläche eines Sanitärbereichs im Schnitt 20 bis 30 Prozent mehr WCs zur Verfügung als Frauen, wie es in der Studie weiter heisst. Dabei brauchen Frauen länger auf den Toiletten. Das liegt zum einen daran, dass die Kabinen komplizierter zu bedienen sind: Tür öffnen, absperren, dann wieder aufsperren und schliessen. Weil sich diese Tätigkeiten summieren, Frauen ausserdem häufiger den Sitz säubern und menstruieren, brauchen sie laut der Studie etwa 50 Prozent länger pro Toilettenbesuch.

Warum haben Männer mehr Pinkelplätze?

Eine mögliche Antwort liegt im Gesetz. Das Arbeitsgesetz regelt die Anzahl und Ausprägungen der Toilettenanlagen für Arbeitnehmende im Angestelltenverhältnis. Gemäss dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) müssen sich Firmen und Unternehmen bei der Anzahl der WCs «nach der Zahl der gleichzeitig im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer» richten. Dafür hat das SECO im Jahr 2022 folgende Richtwerte erlassen.

Demnach können für Frauen effektiv weniger WCs zur Verfügung stehen. Darüber hinaus spielt es auf bundesgesetzlicher Ebene keine Rolle, ob mehr Frauen oder Männer in einem Betrieb beschäftigt sind. Für das Gastgewerbe hat die Gesellschaft Schweizerischer Lebensmittelinspektorinnen und Lebensmittelinspektoren (GSLI) Richtlinien erlassen. Darin heisst es, dass «die WC-Anlagen der Grösse und Art des Betriebes angepasst sein sollen». Bei bis zu 50 Gästeplätzen, dazu zählt auch die Aussenbewirtschaftung, werden zwei Gästetoiletten mit Handwaschgelegenheiten als Minimaleinrichtung empfohlen. Ab 50 Plätzen sind es dann «jeweils pro 25 Plätze eine zusätzliche Toiletteneinheit. Pissoirs und rollstuhlgängige Räume werden mitgezählt», heisst es weiter. Und: die Anzahl der Toiletten sollte gleichmässig nach Geschlechtern verteilt sein.

Unisex-Toiletten als Lösung? 

Gemäss Forschenden sind Unisex-Toiletten eine mögliche Lösung. Damit müssten Frauen nämlich deutlich weniger vor den WCs warten und Männer nur ein bisschen länger. Mit Computersimulationen haben Wouter Rogiest und Kurt Van Hautegem mit 2000 virtuellen Nutzerinnen und Nutzer verschiedene Layouts von Toiletten überprüft. Dabei fanden sie heraus, dass All-Gender-Toiletten mit 14 Kabinen und 8 Urinalen die beste Mischung bieten, um die Wartezeit für Frauen massiv zu reduzieren – Frauen müssten dann nur noch 2 Minuten und 18 Sekunden warten, Männer etwa 40 Sekunden.

Die Fachhochschule Nordwestschweiz setzt seit 2022 beispielsweise auf All-Gender-WCs. «Die FHNW setzt sich für ein diversity-gerechtes Studier-, Weiterbildungs- und Arbeitsklima ein. Das Bereitstellen von genderneutralen WCs ist ein einfacher, aber wirkungsvoller Schritt in der Förderung der Gleichstellung von Menschen unabhängig ihrer geschlechtlichen Identität», so die Fachhochschule. Seit November 2022 dürfen in der Stadt Bern WCs geschlechtsneutral beschriftet werden. Seither haben etliche Bars und Clubs ihre Beschriftungen angepasst.

News aus der Region Bern direkt auf Whatsapp!
veröffentlicht: 16. April 2024 06:50
aktualisiert: 17. April 2024 15:48
Quelle: ArgoviaToday

Anzeige
Anzeige
baerntoday@chmedia.ch