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Trikot unters Berner Stadionach? Eishockey-Legende Thomas Rüfenacht wäre nach Karriereende stolz darüber

Publikumsliebling

«Wäre unglaublich stolz» – wird Rüfenacht vom SCB geehrt?

08.09.2023, 09:20 Uhr
· Online seit 07.09.2023, 06:39 Uhr
Thomas Rüfenacht war beim SCB stets Publikumsliebling. Das zeigt sich auch nach seinem am Dienstag verkündeten Rücktritt. Viele Fans fordern gar, dass Rüfenachts Nummer 81 unter das Stadiondach der PostFinance-Arena gehängt wird. Was sagt der 38-Jährige selbst dazu?
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BärnToday: Thomas Rüfenacht, Sie haben entschieden, die aktive Hockey-Karriere zu beenden. Warum?

Thomas Rüfenacht: Das ist eine gute Frage (lacht). Ich habe letzte Saison in Ambri gemerkt, dass es mir gut geht. Aber der Aufwand, um meine Leistung zu bringen, war gross. In meinem Alter, nach meinen Verletzungen und mit meinem Spielstil wäre der Aufwand, um das gewünschte Niveau zu erreichen, zu gross. Irgendwann sagt der Körper, es ist genug.

Ihre Karriere verlief nicht von Beginn weg reibungslos. Lange spielten Sie in der zweithöchsten Liga. Spätestens beim HC Lugano und dann beim SCB ab 2014 gelang Ihnen dann aber doch der Durchbruch. Wie schauen Sie auf Ihre Karriere zurück?  

Immer wenn ich eine Chance erhielt, konnte ich diese nutzen. Deshalb ging es stetig bergauf. Je länger die Karriere ging, desto mehr habe ich gelernt, dass es hartes Training auf und neben dem Eis braucht. Auch nach 30 und als ich eine Familie gegründet habe, spielte ich immer besser. Darauf bin ich recht stolz. Mit 35 kam dann meine Knieverletzung, wegen der ich lange ausfiel.

Mit dem SCB gewannen Sie drei Meistertitel. Wenn Sie heute an den SCB denken, was geht Ihnen durch den Kopf?

Unser Team wurde damals von der Qualität her oft unterschätzt. Wir hatten keine Mannschaft mit spektakulären Talenten. Wir hatten Krampfer und Krieger in der Mannschaft. Das Team wusste, wenn wir einen Match verlieren, dann lag das beim nächsten sicher nicht nochmal drin. Der Erfolg war nicht auf einzelne Spieler, sondern auf der Mannschaft aufgebaut. Jeder ging für jeden. Der erste Meistertitel 2016 sticht dabei für mich heraus. Das war mein erster Titel mit dem SCB. Er kam überraschend, da wir nach der Qualifikation nur auf Rang acht lagen. Das waren Emotionen pur – ich habe noch heute Hühnerhaut, wenn ich daran denke.

Bei den SCB-Fans haben Sie noch heute grossen Stellenwert. Einige fordern, dass Ihr Trikot unter das Dach der PostFinance-Arena gehisst wird. Was denken Sie, wenn Sie das hören?

Ich wäre unglaublich stolz und glücklich. Ich denke aber, dass es dazu klare Kriterien gibt, die ich nicht ganz erfülle. Die Wertschätzung der Fans ist immer noch gross. Das merke ich noch heute, wenn ich ins Eisstadion gehe. Zuletzt etwa in Worb, wo ich ein Spiel mit meinem Sohn besucht habe.

Wenn Sie in einer Eishalle ein Spiel verfolgen, werden Sie angesprochen?

Ja, auf eine sehr schöne Art. Zuletzt war ich mit meinem Sohn in der Eishalle in Worb, auch dort wurde ich noch erkannt. Es ist ein schönes Gefühl.

Die nächste Generation Rüfenacht hat also auch schon Hockey geschnuppert?

Ja genau. Mein Sohn hat mit der Hockeyschule in Worb gestartet und hat mega den Plausch. Er ist aber auch erst 5-jährig. Der Weg bis zum SCB ist noch sehr weit (lacht).

Nicht in jedem Stadion waren Sie so beliebt wie in Bern. Bei den Gegnern hatten Sie teilweise einen Ruf als Provokateur und harter Spieler. Hat Sie das auch genervt?

Ich habe diese Rolle eigentlich nicht gesucht (lacht). In jeder Sportart bin ich immer sehr motiviert. Ich hatte drei Brüder, vielleicht liegt es auch daran. Mich haben die Provokationen auch immer gepusht, denn ich wusste jetzt kommen die Gegner noch mehr und ich muss wirklich bereit sein. Den Ruf habe ich auch etwas den Medien zu verdanken. Ich bin sicher einer, der provozierte, aber im Spiel immer versuchte fair zu sein und niemanden von hinten gefährlich zu checken. Weg vom Eis bin ich sehr ruhig.

2008 haben sie sich schon vor dem ersten Pully mit dem damaligen EHC Biel-Topskorer Thomas Nüssli geprügelt. Das Video kursiert bis heute und gilt als legendär. Haben Sie jemals mit Nüssli darüber gesprochen?

Nein. Nie. Ich hatte nie die Gelegenheit, an einem Event mit ihm darüber zu lachen. Darüber hatte ich aber immer wieder Interviews. Die Medien mögen diese Story natürlich bis heute. Aber lieber einander vor der Partie fair in einer Schlägerei gegenübertreten als dann hinterhältig einen Check in den Rücken oder gegen den Kopf austeilen.

Wenn sie Thomas Nüssli treffen, würden sie darüber lachen?

Ich hoffe es (lacht). Ich habe damals – glaube ich – auch etwas mehr kassiert als er.

Sie werden unter anderem bei einer Zuger Agentur ein Praktikum starten. Weshalb wollen Sie Hockey-Agent werden?

Ich war ein Spieler, der sehr viel analysiert hat. Ich habe meine Einsätze beispielsweise oft per Video geschaut und auch immer miteinbezogen, was meine Mitspieler machen. In meinem nächsten Lebensabschnitt möchte ich diese Erfahrungen weitergeben. Ich will mit jungen Spieler arbeiten, sie formen und ihnen sagen, was es alles braucht. Viele Spieler denken, dass sie bereits hart arbeiten, dabei wären noch 50 Prozent mehr möglich und Kleinigkeiten entscheiden über Erfolg. Ich habe in meiner Karriere nicht alles geschenkt gekriegt und diese Erfahrungen will ich weitergeben. Die Mentoringrolle und die Business-Seite dazu reizt mich sehr, auch weil ich nahe am Hockey bleibe.

Ist es nicht ein Schreibtischjob?

Es geht so. Ein bisschen, ja. Aber der Kontakt mit den Spielern und über Eishockey zu sprechen, ist auch sehr wichtig. Das heisst, ich werde nicht nur hinter dem Computer sitzen.

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veröffentlicht: 7. September 2023 06:39
aktualisiert: 8. September 2023 09:20
Quelle: BärnToday

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