Der Schrei kommt von ganz tief drin. Amir Abrashi steht auf der Treppe, die in die Katakomben der Thuner Stockhorn Arena führt. Das Trikot des GC-Captains ist durchnässt vom Dauerregen, der an diesem kühlen Freitagabend auf das Berner Oberland niederprasselte. Minutenlang liess sich der 34-Jährige zuvor von den Fans feiern. Sie skandierten seinen Namen und freuten sich mit ihm, dass die Grasshoppers nach dem 2:1 im Barrage-Rückspiel gegen den FC Thun auch in der nächsten Saison, in der Super League spielen werden.
Abrashis getrübte EM-Vorfreude
In den letzten Monaten hatte Abrashi zwar immer wieder beteuert, dass GC den Ligaerhalt schaffen werde. Dass er sicher nicht absteigen werde. Wie viel Druck diese Sätze mit jeder Wiederholung aber auf die Schultern des Mittelfeldspielers luden, lässt Abrashis Gefühlsausbruch erahnen.
Er habe in den letzten Wochen, seit klar war, dass GC seinen Platz in der Super League in der Barrage wird verteidigen müssen, kaum schlafen können, sagt der Thurgauer. «Für den ganzen Verein stand so viel auf dem Spiel. Ich kann meine Erleichterung kaum in Worte fassen.»
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Für Abrashi geht mit dem geschafften Ligaerhalt eine emotionale Woche zu Ende. Mitte Woche informierte ihn Albaniens Nationaltrainer Sylvinho, dass er definitiv im Aufgebot für die Europameisterschaft steht und damit zum zweiten Mal nach 2016 an einem grossen Turnier wird teilnehmen können. Die anstehende Barrage-Partie trübte aber die Vorfreude auf das Abenteuer in Deutschland. Nun, mit dem geschafften Ligaerhalt, kann Abrashi in den nächsten Tagen unbeschwert einrücken. «Ich bin völlig aus dem Häuschen», sagt er, ehe er sich in die Garderobe verabschiedet, aus der laute Bässe dröhnen und die ein Mitarbeiter seit dem Schlusspfiff mit haufenweise Bierbechern beliefert hat.
Lustrinellis positiver Fokus
Im Gang, der zur Garderobe der Thuner führt, bleibt es derweil lange still. Erst nach einer knappen Stunde taucht Trainer Mauro Lustrinelli auf. Er ist der Einzige im Lager des unterlegenen Vereins aus der Challenge League, der sich noch vor die Mikrofone stellen muss. Alle anderen finden keine Worte für die Enttäuschung darüber, dass Thun auch in der dritten Barrage verloren hat.
Zu wenig effizient seien sie gewesen, meint Lustrinelli und verweist auf die starke erste Halbzeit, die seine Mannschaft gespielt habe. Der Tessiner ist froh darüber, muss er seine Analyse nur einmal wiedergeben, denn eigentlich will er in diesem Moment gar nicht mehr dem verpassten Aufstieg nachtrauern, sondern den Fokus auf Positives richten: «Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in dieser Saison sehr vieles sehr gut gemacht haben. Wir haben eine Rekordsaison gespielt», sagt Lustrinelli. «Nur die Kirsche auf der Torte hat gefehlt.»
Der 48-Jährige wurde zuletzt immer mal wieder mit Klubs aus der Super League in Verbindung gebracht. Doch Lustrinelli sieht seine Zukunft trotz verpassten Aufstiegs in Thun. Die Mission ist klar: Die Klubführung hatte vor zwei Jahren das Ziel ausgegeben, innert drei Jahren aufzusteigen. Deshalb richtet Lustrinelli den Blick vor seinen Ferien am Meer bereits kurz nach vorne. Er sagt: «Ich möchte nächstes Jahr erreichen, was wir diesmal nicht ganz geschafft haben.»
(sda)