Sport
Schwingen

Oberländisches Schwingfest in Brienz: Aebersold trotzt König Wicki

David gegen Goliath

Nicht gewonnen, aber gefeiert: Wie Fabian Aebersold Schwingerkönig Joel Wicki trotzte

27.05.2024, 13:33 Uhr
· Online seit 27.05.2024, 12:33 Uhr
Noch selten hat ein Gestellter an einem Schwingfest so begeistert wie am Samstag am Oberländischen in Brienz. Fabian Aebersold widerstand allen Angriffen des übermächtigen Schwingerkönigs Joel Wicki. Was einmal mehr zeigt: Auch ein körperlich unterlegener Schwinger kann den Goliaths die Suppe versalzen.
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Auf den Gesichtern der Berner Schwingfans zeigten sich beim Oberländischen Schwingfest in Brienz am Samstag nach zwei Gängen erste Sorgenfalten. Schwingerkönig Joel Wicki aus Sörenberg, der Luzerner Gast von der Nordseite des Brienzer Rothorns, brauste über seine zwei ersten Gegner mit seiner unvergleichlichen Urgewalt hinweg: Schwingerkönig Kilian Wenger und der defensiv starke Michael Ledermann lagen alsbald auf dem Rücken. Wer sollte Wicki stoppen, abgesehen vielleicht von Fabian Staudenmann?

Als Wickis Gegner im dritten Gang bekannt wurde, hätten wohl nur die wenigsten gedacht, dass sich daran etwas ändert: Der 20-jährige Fabian Aebersold aus Walterswil, Mitglied des Schwingklubs Sumiswald, war Wickis nächster Gegner. Aebersold ist 1.78 gross und wiegt 78 Kilo – im Vergleich zu den bösesten der Zunft ist er ein Fliegengewicht.

Schmächtig, aber wendig

Doch Aebersold wehrte sich kurz vor dem Mittag bravourös. Wie eine Katze drehte er sich immer und immer wieder aus und liess sich auch am Boden nicht auf den Rücken drehen. Das Publikum in der Brienzer Arena begann zu merken, dass hier eine Sensation in der Luft lag. Tatsächlich gelang es Wicki über die gesamten sechs Minuten des Ganges nicht, den wendigen Berner zu bezwingen. «Joel war extrem nervös! Er war verunsichert. Das hat mir während des Ganges ein sehr gutes Gefühl gegeben», sagte Aebersold nach seinem Kampf gegenüber «Blick».

Als es geschafft war, brandete tosender Applaus durch die Schwing-Arena. Einem Mann wie Wicki zu widerstehen, ist ohnehin schwierig, mit der Postur von Aebersold ist es eine beachtliche Leistung. Entsprechend ausgelassen feierte der Emmentaler seine Leistung: Wobei: Der schmächtige Aebersold weiss seine körperlichen Nachteile mittlerweile zu nutzen. Die Gegner haben «nichts in der Hand» und müssen anders schwingen, als wenn sie einen «Mocken» vorgesetzt bekommen. Das behagt nicht allen.

Den sechsten Kranz geholt

David Aebersold wurde für seinen erfolgreichen Abwehrkampf gegen Joel Wicki mit der Note 9 belohnt, obwohl er selber nie in den Angriff ging. Am Abend holte er mit 56,75 Punkten den sechsten Kranz seiner Karriere, dank vier Siegen, dem Gestellten gegen Wicki und nur einer Niederlage (im fünften Gang gegen Peter Beer).

Wicki seinerseits wurde nach dem Mittag ein zweites Mal zurückgebunden, von Lukas Renfer. Auch er ist ein Schwinger, der selten auf dem Rücken landet. Der Mittelländer trotzte schon Samuel Giger einen Gestellten ab, dasselbe gelang ihm am Bernisch-Kantonalen 2021 in Aarberg gegen Wicki.

Jubeln nach Gestellten – eine ungute Mode?

Damals jubelte Renfer ähnlich ausgelassen über den Gestellten wie nun Aebersold - was nicht alle goutierten. TeleBärn-Experte Matthias Siegenthaler sagte damals, Emotionen und eine Siegerfaust seien in Ordnung, aber den grossen Jubel solle sich ein Schwinger für die Siege aufsparen.

Auf der anderen Seite: Dass Fabian Aebersold ein Kaliber wie Joel Wicki einmal bezwingt, ist unwahrscheinlich. Ein Unentschieden ist wie ein Sieg und wird entsprechend gefeiert, vor allem wenn es gegen den amtierenden König erreicht wird.

Dezenter Jubel im Schwingen über einen Gestellten ist also eine Tradition, die auf dem Rückzug ist – im Gegensatz zum Beispiel zur Gepflogenheit, dass im Publikum nicht gepfiffen werden darf. Diese Tradition wird weiterhin mit Zähnen und Klauen verteidigt.

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veröffentlicht: 27. Mai 2024 12:33
aktualisiert: 27. Mai 2024 13:33
Quelle: BärnToday

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