Quelle: TeleBärn
Die Finanzkontrolle empfiehlt dem Regierungsrat in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Bericht, die Übertragung des Spitalstandorts Zweisimmen von der Spital Simmental-Thun-Saanenland (STS) AG an die Medaxo unter den gegebenen Umständen vorläufig zu sistieren.
Finanzkontrolle: STS AG soll Spital im kommenden Winter betreiben
Das Vorgehen des Regierungsrats stelle insbesondere eine Umgehung der Finanzkompetenzen des Grossen Rates dar und verstosse zudem gegen die geltenden Public-Corporate-Governance-Vorgaben, heisst es im teilweise geschwärzten Bericht.
Weiter schreibt die Finanzkontrolle, die der Medaxo vom Kanton in Aussicht gestellten Darlehen und Bürgschaft seien zum heutigen Zeitpunkt rechtlich nicht möglich. Die Nachhaltigkeit des von der Medaxo in Aussicht gestellten künftigen Betriebs des Spitals Zweisimmen beurteilt sie zudem als «sehr kritisch».
Der Regierungsrat habe zudem die Öffentlichkeit zu früh informiert. «Es ist zu befürchten, dass dies der Verunsicherung des Spitalpersonals und der Bewohnerinnen und Bewohnern der Region Simmental-Saanenland weiter Vorschub leistete.»
Die Finanzkontrolle empfiehlt der kantonale Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI), möglichst rasch gemeinsam mit der STS AG alles zu unternehmen, damit der Weiterbetrieb des Spitals Zweisimmen mindestens für den kommenden Winter sichergestellt werden kann.
Die GSI um Direktor Pierre Alain Schnegg (SVP) gelangte am 21. März an die Öffentlichkeit mit ihrem Plan, dass das Spital Zweisimmen künftig von der Medaxo geführt werden soll. Die STS AG wurde angewiesen, das Spital zum Wert von einem Franken und einem Finanzierungsbeitrag von fünf Millionen Franken an die Medaxo zu übertragen.
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Gemäss Regierungsrat «reine Mutmassungen»
Der Regierungsrat schreibt am Donnerstag, er teile die Beurteilung der Finanzkontrolle nicht. Er stelle klar, «dass die Übertragung von Mitteln der STS AG an die Medaxo AG nicht unzulässig gewesen wäre.»
Er habe die Finanzkompetenzen des Grossen Rates nicht umgangen. Das Projekt der Medaxo Gruppe sei mehrfach diskutiert worden. Bei Verabschiedung der Vorlage an den Grossen Rat hätten weitergehende Informationen zum Projekt der Medaxo noch nicht vorgelegen. «Bekanntlich hat der Grosse Rat das Geschäft in der Sommersession 2024 mit Auflagen verabschiedet. Es ist folglich nicht zutreffend, dass die zuständigen Behörden umgangen worden wären.»
Der Regierungsrat äusserte zudem sein Bedauern, dass sich die Finanzkontrolle nicht über das Geschäftsmodell der Medaxo informiert habe. «Somit handelt es sich um reine Mutmassungen», hiess es weiter. Die Nachhaltigkeit des Projektes der Medaxo könne aus heutiger Sicht nicht in Zweifel gezogen werden.
Am Mittwoch wurde zudem der Verwaltungsrat der STS AG neu besetzt. Er erwarte von diesem, dass er sich umgehend der Sicherung der Gesundheitsversorgung im Obersimmental und Saanenland annehme, so der Regierungsrat. Die STS AG solle sowohl die Versorgung der Region durch eigene Ressourcen als auch die Delegation der Aufgaben an einen Partner prüfen.
Auch Finanzkommission widerspricht Regierungsrat
Die Finanzkommission des Grossen Rats teilte am Donnerstag mit, dass sie die Einschätzung der Finanzkontrolle teile. Für sie stehe aufgrund der vorliegenden Informationen fest, dass im Zuge der Übertragung des Spitals Zweisimmen an die Medaxo die Finanzkompetenz des Regierungsrates überschritten worden wäre.
Die Überweisung von kantonalen Mitteln an eine private Trägerschaft stelle eine Umgehung des Grossen Rats dar. Die Einhaltung der geltenden Ausgabenkompetenzen und der kantonalen Public-Corporategabenkompetenzen und der kantonalen PublicGovernancee-Governance-Richtlinien sei die nötige Beachtung zu schenken.
Nachdem sich der Regierungsrat im März gegen die STS AG ausgesprochen hatte, trat deren CEO umgehend zurück. Anfang Juni teilte die STS AG mit, dass die Übertragung des Spitals gemäss Finanzkontrolle nicht rechtens sei und sie dieser deshalb doch nicht zustimme. Das sorgte für Unmut in den betroffenen Gemeinden. Sie sahen das stationäre Spitalangebot in Zweisimmen gefährdet.
Anfang dieser Woche wurde bekannt, dass 6 von 7 Verwaltungsräten der STS AG nicht für eine Wiederwahl zur Verfügung stehen. Die Medaxo wiederum geriet Anfang Juni in die Schlagzeilen, weil sie ihren medizinischen Leiter freigestellt hatte. Dieser hatte sich mutmasslich als Professor ausgegeben, ohne über die nötigen Qualifikationen zu verfügen.
(sda/dak)